Astrotourismus (oder „Sternentourismus“) ist einer der heißen Trends im Kulturtourismus mit zahlreichen Überschneidungen mit dem Naturtourismus. Die International Dark-Sky Association (IDA) hat weltweit weniger als 40 Regionen aufgelistet, in denen künstliches Licht gebannt und der dunkle Nachthimmel geschützt wird. In Deutschland gibt es seit 2014 vier solcher Sternenparks: im Westhavelland, der Eifel, der Winklmoosalm und in der Rhön. Überall gibt es bereits ausgereifte astrotouristische Angebote, so zum Beispiel in der Rhön, dem Dreiländereck von Hessen, Bayern und Thüringen: Im Sternenpark werden geführte Nachtwanderungen durch zertifizierte Sternenführer*innen angeboten, die Erklärungen zu himmelsmechanischen Vorgängen geben und Geschichten rund um Sternbilder erzählen. Im August finden jährlich die Sternenparkwochen statt, in denen sich die Sternenpark-Betreiber*innen, Touristiker*innen, die örtliche Gastronomie und Hotellerie zusammen engagieren. Regionale Produkte wie Sternennudeln, Sternenseife oder auch ein Birnenbrand („Sternenklarer“) sind attraktive Souvenirs, die auf den Astrotourismus abgestimmt sind. An der Hohen Geba (750 Meter ü. NN) in Thüringen wurden astronomische Beobachtungsplattformen in den Boden gelassen, um empfindlichen Geräten zur Himmelsbeobachtung festen Stand zu geben. Von „Himmelsliegen“ aus in der bayrischen Rhön kann man bequem in den sternenklaren Nachthimmel schauen; installiert für eine bessere Orientierung am Nachthimmel sind bewegliche Sternenkarten.
Wie aber begeistert man Besucher*innen einer Region für die Sternenbeobachtung als touristisches Angebot? „Ohne qualifizierte Sternenführer*innen geht es nicht“, hält Silvia Hillenbrand vom Rhön-Tourismus fest. Zudem braucht es aufgeschlossene Partner*innen aus den Kommunalverwaltungen, den Naturreservaten, aus Hotellerie, Gastronomie und den vielen kleinen Anbieter*innen, die attraktive Produkte erstellen können – vom Souvenir bis zur regionalen Kulinarik. „Solide Netzwerke, die gut und engagiert zusammenarbeiten“, sind auch für Sternenführerin Sabine Frank ein Erfolgsfaktor, um Menschen an Themen wie die Folgen der Lichtverschmutzung und die Freude an der Sternenbeobachtung heran zu führen. Die Sternenpark-Koordinatorin des Landkreises Fulda weiß, wovon sie spricht, denn sie gehörte 2014 zu den Mit-Initiator*innen des Sternenparks Rhön. Ihre engagiert-kurzweiligen Führungen sind nicht nur ein Plädoyer gegen Lichtverschmutzung, sondern lassen die kulturgeschichtliche Dimension der Sternenbeobachtungen lebendig werden.
Inzwischen gibt es rund 30 Sternenführer*innen in der Rhön, die ehrenamtlich oder gegen Aufwandsentschädigung tätig sind. Sie wurden allesamt in einem Schulungsproramm qualifiziert, das bis zu 100 Stunden Training umfasst. „Wir haben mehr Nachfragen nach Führungen als unsere Sternenführer*innen leisten können“, so Silvia Hillenbrand. Gäste aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden gehören zu den meisten Interessierten. Sie kommen als Expert*innen ebenso wie als Besucher*innen, die eine Sternenführung als besonderes Highlight eines Wander- oder Radelurlaubs buchen. Zu den alljährlichen Sternenwochen kamen im August 2023 rund 2500 Besucher*innen – damit wird der Sternentourismus zum Wirtschaftsfaktor.
Wer sich außerhalb der Rhön im Trendthema „Astrotourismus“ engagieren oder gar selbstständig machen will, hat durch das europäisch-unterstützte STARLIGHT-Projekt Zugang zu einem kostenlosen Qualifizierungsprogramm, das die wichtigen Themen in knapper Form aufbereitet hat: Astrophysik, Astronomie, Lichtverschmutzung, Sternenbeobachtung und kulturgeschichtliche Aspekte des Sternenhimmels. 60 Europäer*innen aus 12 Ländern – Interessierte an Astronomie ebenso wie Touristiker*innen, die ihr Angebot erweitern wollen – nehmen derzeit am STARLIGHT-Fortbildungsprogramm teil. Sie befassen sich in Selbstlerneinheiten, Webinaren und Studienexkursionen ausführlich mit dem Thema Astrotourismus. Das englischsprachige Fortbildungsprogramm verweist auch auf die internationale Dimension des Sternentourismus und bereitet Lernende auf einen internationalen Markt vor.
Weitere Infos:
„Trend: Astrotourismus“ in „Wohin geht die Reise? Die besten Ziele für 2023“. Marco Polo Reiseführer – Verlag MairDumont Verlag 2023
Es gibt mehrere europäische Regionen, die sich aufgrund ihrer geringen Lichtverschmutzung und klarem Himmel besonders gut für die Sternenbeobachtung eignen. Dieser Artikel auf Reisereporter.de gibt einen guten Überblick und auch hier auf den Seiten von germany.travel und reisevergnuegen.com finden sich viele gute Tipps.
Autorin: Karin Drda-Kühn
Bildnachweise: Sabine Frank